Wann macht Medikamentöse Behandlung Sinn?

Wenn erzieherische oder struktuerelle Veränderungen nicht helfen sollten ein störendes Verhalten zu verändern, können „medikamentöse Krücken“ indiziert sein. 

Eine Indikation ist kein „Muss“.

Solange kein Leben in Gefahr ist, der Patient nicht komatös ist und die Eltern die medizinische Sorgfaltspflicht haben, oder der Patient, im Falle der Volljährigkeit diese für sich selber hat, kann der Arzt den Patienten oder die Familie hinsichtlich der Indikation eines Medikamentes beraten.

In Zeiten von „Dr.Google“ in der jeder sich selber ein Bild machen kann, darüber was im Netz steht und sich selber informieren kann, ist die Mitentscheidung einer eigenen Behandlung enorm gewachsen. (somatisch und psychisch, medizinisch und psychotherapeutisch)

Jeder Patient, jede Familie, jede Institution hat selber die Pflicht die eigene Mitverantwortung ernst zu nehmen.

Das Komplizierte daran ist, dass es plötzlich mehrere Wege zum Ziel geben kann, die manchmal alle abgewägt werden wollen. Früher war es der Arzt der aufgrund seines Wissens und Erfahrung entschieden hat.  
In Situationen, in denen für Familien, oder der Einzelpersonen, nicht „mal schnell eine Medizinstudium“ absolviert werden kann, vertraut man sich dem an, zudem man das meiste Vertrauen hat und der auch aufgrund seiner eigenen persönlichen Erfahrung entscheidet.

Antipsychotika oder auch Neuroleptika

wirken auf die persönliche individuelle Spontanität eingrenzend und blockierend. Auch die Körperbewegungen werden reduziert und können weniger ausladend sein. Die Wirkungen sind immer individuell unterschiedlich und sollten daher stets besprochen werden.

Das hat natürlich Nachteile. Aber alle erwünschten Wirkungen haben auch unangenehme schlechte Nebenwirkungen.

Wenn Antipsychotika indiziert sind, dann häufig um unangenehme negative spontane Verhaltensweisen einzuschränken.
Das kann dann auch dazu führen, dass positive Spontanität, die auch kreativ und witzig ist, nur noch eingeschränkt möglich ist. Oft ist es dann so, dass die Patienten darüber klagen, sie seien nicht mehr sie selbst, sie wären wie ferngesteuert oder fühlen sich als Robotter…

In erster Linie sollen Neuroleptika die Wahrnehmung beeinflussen und lästige Wahnwahrnehmungen reduzieren helfen

Antidepressiva

(gegen depressive Stimmungen  und Energielosigkeit, Zwänge,Ängste. Schmerzen)

Antidepressiva haben ein breites Spektrum in dem sie eingesetzt werden können. Auch hier muss genau überlegt werden welches Antidepressivum das erfolgversprechendste ist. Es muss abgewogen werden zwischen der erwünschten Zielwirkung und der „am ehesten“ zu vermeidenden Nebenwirkung.

Beruhigungsmittel (Tranquilizer)

innere Anspannung und Angst
Anxiolytika gegen Panik u Angst
Schlafmittel

Es gibt eigens für diese Störungen zugelassene Medikamente für Erwachsene, die in der Regel abhängig machen und ein hohes Suchtpotential erzeugen.
Ich lehne ab, diese Sorte von Medikamente zu rezeptieren, weil ich die Abhängigkeit durch diese Medikamente vermeiden will.

Es ist jedoch in Ausnahmefällen vertretbar und auch nur als ein Bedarfsmedikament für einen kurzen Zeitraum, was aber im Einzelfall genau überprüft werden sollte.
Hinzu kommt, dass solche Medikamente von mir nur verschrieben werden, wenn ich dem Patienten zu traue, damit sorgfältig um zu gehen.
Das wiederum bedingt wechselseitiges Vertrauen zueinander, was meines Erachtens nur aufgrund einer therapeutischen Beziehung möglich ist.

Schlafmittel

Bei Schlafmitteln kommt hinzu, dass sie häufig die REM-Phasen (Traumphasen) blockieren, und damit kontraproduktiv für den therapeutischen Prozess sind.
Während einer Psychotherapie kann es zu einer erhöhten und verlängerten REM-Phase kommen, was oft für den Patienten sehr belastend ist.
Das Gute an diesen Traumphasen ist, (das Gute im Schlechten) dass sie die psychische Verarbeitung einer Schwierigkeit andeuten!
Um besser schlafen zu können, wäre es wichtig, Bewegungsmangel zu vermeiden und gerade den Abend ritualisiert ablaufen zu lassen. Gleichzeitig können Schlafmittel die Vergesslichkeit erhöhen, was dann im Alltag und Arbeits/Schulleben erneut zu Schwierigkeiten führt.

Alleine zu Joggen oder alleine stramm zu marschieren auf reizarmen Wegen (keine Shoppingtour oder Radtouren) fördern die innere Auseinandersetzung und Verarbeitung mit sich selber und gleichzeitig sorgen sie für die körperlich Erschöpfung, die für den Tiefschlaf erforderlich ist. Es gibt sicherlich noch andere sehr individuelle Tätigkeiten für jeden einzelnen, die diesen Prozess anfeuern.

Antidepressiva und Antipsychotika(Neuroleptika) haben ebenfalls oft auch beruhigende und schlafanstossende Wirkungen, genauso wie es Antipsychotika gibt mit leicht antidepressiver Wirkung.

Dies wird dann persönlich zusammen überlegt und gemeinsam abgewogen!

Im Kindes und Jugendalter sind die meisten Psychopharmaka nicht zugelassen und bedürfen zusammen mit Eltern und Vormündern eine genaue Abwägung der Situation und des Verhaltens des Kindes/Jugendlichen zwischen Wirkung und Nebenwirkung bezogen auf seine Diagnose im ICD10.

Da wir Ärzte nicht beabsichtigen unseren Patienten zu schaden, sind wir auf deren unbedingte Mithilfe angewiesen. Es erfordert viel Erfahrung und gemeinsame Arbeit und Auseinandersetzung mit den jeweiligen Gegebenheiten, um das richtige Medikament, mit der richtigen Dosierung zu finden und stets angepasst zu geben!